Aktuelle Therapiestudien
In internationalen Studienregistern finden sich aktuell mehr als 80 klinische Studien, die die Wirksamkeit und Sicherheit bekannter und zugelassener Medikamente bei SARS-CoV-2-Infektionen unterschiedlicher Schweregrade untersuchen.
In internationalen Studienregistern wie clinicaltrials.gov finden sich aktuell mehr als 80 klinische Studien, die die Wirksamkeit und Sicherheit bekannter und zugelassener Medikamente bei unterschiedlichen Schweregraden einer SARS-CoV-2-Infektion untersuchen. Hierbei wird es sich zu Nutze gemacht, dass viele Pharmaka neben ihrer eigentlichen Wirkung auf bestimmte Organsysteme auch andere Rezeptoren besetzen können und so z.B. dosisabhängig Effekte entfalten, welche ungewollt („unerwünschte Arzneimittelwirkungen“, gemeinhin Nebenwirkungen) oder überraschend und dabei therapeutisch nutzbar sind. Ein einfaches Beispiel ist das seit über 120 Jahren bekannte Aspirin (pharmakologisch: Acetylsalicylsäure, abgekürzt ASS). 100 mg blockieren die Blutplättchen und hemmen so die Blutgerinnung, 1000 mg wirken schmerzstillend und fiebersenkend, 2000 mg antientzündlich und antirheumatisch. ASS gilt als Jahrhundertsubstanz, die langfristige Einnahme scheint sogar das Risiko für Dickdarmkrebs und andere Tumoren zu reduzieren. Gleichzeitig kann die dauerhafte Einnahme zu Schleimhautentzündungen und blutenden Geschwüren des Magens und Zwölffingerdarms führen. Dies verdeutlicht, dass man Nutzen und Risiken des experimentellen Einsatzes von Pharmaka unter neuen Fragestellungen und Einsatzgebieten sorgfältig abwägen, unter strikten klinisch-experimentellen Bedingungen und Wahrung der Interessen und Sicherheit der Studienteilnehmer prüfen muss.
Wesentliche Ziele der Therapie einer SARS-CoV-2-Infektion sind:
- Die Milderung der Schwere von Symptomen wie Fieber und Husten,
- Die Verkürzung der Symptomdauer,
- Die Verhinderung von Komplikationen wie einer Lungenentzündung oder einem beatmungspflichtigen Atemnotsyndrom und Lungenversagen (sog. Acute Respiratory Distress Syndrome, ARDS),
- Die Vermeidung oder Verkürzung einer Intensivtherapie oder Beatmung,
- Die Senkung des Risikos für ein Versterben oder Spätkomplikationen der Infektion.
Das SARS-CoV-2-Virus gelangt durch einen Rezeptor mit dem Kürzel ACE2 („Angiotensin-Converting-Enzyme 2“) in menschliche Zellen, dessen vornehmliche Aufgabe in der Regulation des Blutdrucks besteht, daneben aber auch an komplizierten Entzündungsvorgängen beteiligt ist. ACE2 ist in hoher Konzentration im Lungengewebe nachweisbar. Eine weitere Eintrittspforte für das Virus ist ein Enzym in der menschlichen Zellmembran, eine sog. Protease mit dem unaussprechlichen Namen „transmembrane Serin-Protease 2“, TMPRSS2. Dieses kann Eiweißstrukturen in ihre Einzelbestandteile zerlegen und hierdurch sozusagen als Türöffner fungieren. Da diese Begriffe und Bezeichnungen zukünftig immer wieder auftauchen werden, wollten wir sie hier einmal in der gebotenen Kürze erläutern.
Die medikamentöse, pharmakologische, biochemische Blockade, Hemmung, Ausschaltung oder Umgehung von ACE2 und der o.g. Protease sind die derzeit vielversprechendsten therapeutischen Ansätze, um SARS-CoV-2 in Ermangelung eines Impfstoffs entweder gar nicht erst in menschliche Zellen eindringen zu lassen (sog. Chemoprophylaxe), die Vermehrung des Virus im Körper, insb. aber den Übertritt aus dem Nasen-Rachen-Raum (Nasopharynx) in die tiefen Atemwege (Bronchien und Lungen) zu verhindern.
Zu den Medikamenten, welche diese und weitere Wirkungen entfalten und damit möglicherweise gegen SARS-CoV-2 aktiv sind gehören u.a.:
Aktive Substanz | Europäischer Markenname | Ursprüngliches Einsatzgebiet / Zulassung |
Lopinavir – Ritonavir | Kaletra® | HIV |
Remdesivir | - | Ebola |
Chloroquin | Resochin® | Malaria |
Ribavirin | - | Hepatitis C |
Oseltamivir | Tamiflu® | Influenza |
Camostat | - | Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) |
Fazit
Diese Liste wird zukünftig eventuell um hoffnungsvolle Kandidaten erweitert oder von klaren Versagern bereinigt, die Entwicklung ist momentan aber noch nicht vorhersehbar.
(Stand: 24.03.2020)