Hindernislauf zurück ins Leben
Den 5. August 2021 wird Christina Modrzejewski nie in ihrem Leben vergessen. Alles fing an mit harmlos klingenden Phänomenen wie tauben Füßen und Rückenschmerzen. Doch schon bald konnte sie kaum noch laufen und war dann später sogar vom Hals abwärts gelähmt – Guillain-Barré-Syndrom (GBS). Heute knapp zwei Jahre später hat sich die Mitarbeiterin des BG Klinikums Duisburg zurück ins Leben gekämpft und arbeitet längst wieder im Pflegedienst.
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12.07.2023Pressekontakt
Dieter Lohmann
Den 5. August 2021 wird Christina Modrzejewski nie in ihrem Leben vergessen. Alles fing an mit harmlos klingenden Phänomenen wie tauben Füßen und Rückenschmerzen. Doch schon bald konnte sie kaum noch laufen und war dann später sogar vom Hals abwärts gelähmt. Guillain-Barré-Syndrom (GBS) lautete die Diagnose, eine seltene und schwere Erkrankung der Nerven, deren Ursache bis jetzt noch nicht endgültig geklärt ist. Experimentelle Befunde und epidemiologische Untersuchungen deuten jedoch auf eine gegen Nervenbestandteile gerichtete Immunreaktion hin. Heute knapp zwei Jahre später hat sich die Mitarbeiterin des BG Klinikums Duisburg zurück ins Leben gekämpft und arbeitet längst wieder im Pflegedienst. „Aufgeben war für mich keine Option“, sagt die 27-Jährige rückblickend. Sie ist bereits seit November 2020 als Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Unfallklinik tätig.
Behandlungsmarathon zeigt zunächst keine Erfolge
Doch wie genau kam man der Erkrankung auf die Spur? Und durch welche Strategien hat Christina Modrzejewski selbst an der Rückkehr in Beruf und Alltag mitgewirkt? Die erste Station in ihrem rund zweijährigen Behandlungsmarathon war – natürlich – der Hausarzt, der sie im August 2021 aufgrund der immer stärker werdenden Beschwerden umgehend in ein Weseler Krankenhaus einwies. Eilig wurden dort im Rahmen der Diagnostik Nervenmessungen, MRT-Untersuchungen sowie eine Lumbalpunktion durchgeführt. Spätestens nach der Analyse der gewonnenen Hirn- bzw. Rückenmarksflüssigkeit war klar: Christina Modrzejewski leidet an GBS.
Was war zu tun? Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte entschieden sich für einen Plasmaaustausch (Plasmapherese). Bei dieser mehrstündigen „Blutwäsche“ entnimmt man die flüssigen Anteile des Blutes und ersetzt sie durch eine Proteinlösung. Ziel ist es, die krankmachenden löslichen Blutbestandteile, z.B. Antikörper, weitgehend zu entfernen. Unbehandelt können diese für massive Schäden an körpereigenen Strukturen wie Organen oder Geweben sorgen. „Der Plasmaaustausch ist eine der wenigen Therapien gegen GBS, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist“, erklärt Modrzejewski. Durch die Plasmapherese kam es nach drei Behandlungen erstmal zum Stillstand beim GBS und im Verlauf auch zu einer Besserung der Symptome.
Massive Verschlechterung des Gesundheitszustandes
Vier Wochen später wurde Christina Modrzejewski in eine Rehaklinik nach Essen verlegt, um die bereits vorhandenen Fortschritte auszubauen. Leider ergab sich dort nach einer Woche Aufenthalt eine massive Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes. Umgehend wurde sie zurück in die Weseler Klinik transportiert. „Unterhalb des Kopfes habe ich meinen Körper kaum noch gespürt und ich konnte mich auch nicht mehr bewegen“, blickt die Beschäftigte des BG Klinikums zurück auf die dramatische Situation damals. Zwischenzeitlich kam sogar eine kritische Beeinträchtigung der Atemfunktion hinzu. Nach der erfolglosen Gabe von medizinisch wirksamen Antikörpern (intravenöse Immunglobuline) wurde erneut ein Plasmaaustausch durchgeführt. Dieses Mal blieb jedoch eine positive Reaktion aus und die behandelnden Ärztinnen und Ärzte schickten Modrzejewski daraufhin für fünf Monate in die Abteilung für Frührehabilitation der Klinik.
Alles geben als Erfolgsstrategie
Nach einiger Zeit gab es die ersten Lichtblicke. Allmählich verbesserte sich das Gefühl für den eigenen Körper wieder und die Lähmungserscheinungen gingen langsam zurück. Richtige Fortschritte machte sie aber erst in der ambulanten Rehabilitation am Heimatort. Parallel dazu erhielt Modrzejewski Schmerzmittel und war hochgradig pflegebedürftig.
„Man muss selber wollen und alles geben, sonst ist es schwierig das GBS zu überwinden“, beschreibt Modrzejewski ihre Einstellung im Umgang mit der Krankheit. Sehr geholfen hat ihr seit Juli 2022 Sina, ihre Physiotherapeutin, die längst zu einer guten Freundin geworden ist. Gerade sitzen, Bälle fangen, Sit-ups und Koordinationsschulungen: Mit Übungen wie diesen hat Christina Modrzejewski unter Sinas Anleitung die Kontrolle über große Teile ihres Körpers wiedererlangt.
Heute kann sie selbständig mit einem Rollator gehen und sicher Rollstuhlfahren. Dabei trägt sie noch eine motorbetriebene Ganzbeinorthese, denn sie hat bis jetzt keine bis wenig Aktivität in den Beinen. „Ich laufe quasi mithilfe der Bauchmuskulatur bzw. über Beckenverschiebungen und Gewichtsverlagerungen“, erklärt die Mitarbeiterin der Unfallklinik. Das gibt ihr ein großes Stück Flexibilität und Autonomie zurück.
Endlich zurück im Job
Mittlerweile ist Christina Modrzejewski wieder so fit, dass sie eine vierwöchige Wiedereingliederung machen konnte und seit Anfang Mai in Vollzeit auf der Station für Rückenmarkverletzte des BG Klinikums Duisburg tätig ist. Als Stationsassistentin hat sie im Moment vor allem administrative Aufgaben wie Patientenakten führen oder Bildschirmarbeit. Es ist ihr aber auch sehr wichtig, wieder in der Behandlungspflege eingesetzt zu werden. Medikamente stellen, Blut abnehmen, Visitenbegleitung und vieles andere mehr gehören für sie längst wieder zum normalen Arbeitsalltag.
Christina Modrzejewski hofft, dass auch die noch verbliebenen Symptome unter anderem durch intensives Training und viel Physio- und Ergotherapie mit der Zeit verschwinden. Sicher ist das aber nicht. Das ändert nichts an ihrem Lebensmotto: „Ich will jeden Tag in vollen Zügen genießen, egal in welcher Situation ich gerade stecke“, sagt die Mitarbeiterin der Unfallklinik.