Schulter: Rasches Handeln verbessert Prognose
Moderne Möglichkeiten der Endoprothetik für optimale Schulterfunktion - ein Experteninterview mit Dr. med. Timur Tarhan, Sektionsleiter Sporttraumatologie und -orthopädie und Hauptoperateur im EndoProthetikZentrum der Maximalversorgung der BG Unfallklinik
Die Herausforderung bei einer Prothese ist stets das funktionale Outcome, und dies liegt an der Muskulatur der Schulter. Wenn die Schulter mangels Muskulatur bereits eingesteift ist, ist die Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit erschwert. Daher gilt gerade bei Schulterproblemen: Wer früher kommt, wird schneller fit. Die Schulter ist eben ein sehr komplexes Gelenk.
Bei jungen Patienten genügen oft Teilprothesen. Ist eine Vollprothese erforderlich und die sogenannte Rotatorenmanschette intakt, wird ein sogenanntes anatomisches Gelenk eingebaut. Funktioniert die Rotatorenmanschette nicht mehr, ist eine inverse Prothese erforderlich. Dabei wird der Gelenkkopf auf die Pfanne gesetzt. Der Deltamuskel übernimmt dann die Aufgabe der Rotatorenmanschette. Der Eingriff dauert 45 Minuten bis eine Stunde. Die Patienten bleiben in der Regel drei bis vier Tage bei uns.
Der große Vorteil der inversen Prothese liegt darin, dass die Patienten ihre Schulter schon am Tag der Operation ohne Einschränkung bewegen können. Bei einem anatomischen Gelenk muss die Rotatorenmanschette erst wieder heilen, was etwa sechs Wochen dauert. In dieser Zeit ist nur passive Bewegung möglich. Gerade bei älteren Patienten bevorzugen wir daher die inverse Prothese. Übrigens geht der Trend auch bei einem Oberarmkopfbruch heute wegen des besseren Outcomes weg von der Osteosynthese hinzu einer inversen Prothese.
Wie lange halten solche Schulterprothesen eigentlich?
Die Haltbarkeit ist ähnlich wie die von Hüftprothesen und liegt bei über 90 Prozent nach 15 Jahren. Auch ein Prothesenwechsel ist möglich, wobei dies aufgrund der anatomischen Verhältnisse in der Schulter etwas schwieriger als an anderen Gelenken ist.
Als Kompetenzzentrum für arthroskopische Chirurgie (Gelenkspiegelungen) bieten Sie ein vollständiges Spektrum des aktuell Möglichen und Sinnvollen im Bereich der Schulter an. Welche Rolle spielt dabei die Nachbehandlung?
Eine sehr wichtige. Es handelt sich immer um ein ganzheitliches Behandlungskonzept von der Diagnosestellung über die operative Versorgung bis hin zu einer zielgerichteten und bedarfsadaptierten Nachbehandlung. Nur so kann die möglichst volle Funktion der Schulter wieder erreicht werden. Hierzu arbeiten wir eng mit den sport-, physio- und ergotherapeutischen Spezialisten bzw. Spezialistinnen unserer klinikinternen Rehabilitation sowie den Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen in der freien Praxis zusammen.