Die meisten Patienten mit einer Oberschenkel-, Unterschenkel- oder Oberarmamputation können mit der herkömmlichen sog. Exo-Prothesentechnik funktionell gut bzw. zufriedenstellend versorgt werden. Insbesondere bei den Oberschenkelamputierten zeigen jedoch 30 – 50 % der Patienten Probleme mit der konventionellen Stumpfversorgung, sodass viele der teilweise auch jüngeren Patienten ihre Prothese nicht täglich tragen können. Zu den am häufigsten geäußerten Problemen gehören schlechter Sitz des Prothesen-Köchers durch Volumenschwankungen des Stumpfes, Sitzprobleme durch Druckschmerzen, Hautirritationen bis hin zu infizierten Ulcerationen sowie generell Komfortprobleme. Insbesondere auch in der warmen Jahreszeit bedeutet das teilweise erhebliche Schwitzen im Köcher für die Patienten eine erhebliche Belastung.
Mit dem transkutanen osseointegrierten Prothesen-System (TOPS – sog. Endo-Exo-Prothese) besteht die Möglichkeit, die meisten Prothesenschaft-assoziierten Probleme vermeiden zu können. Bei dieser Technik wird ein Metallstiel im Knochen, wie bei einer stielgeführten Endo-Prothese, verankert und durch die Haut ausgeleitet, sodass dann die herkömmliche Exo-Prothetik unkompliziert angedockt werden kann.
Zwischen den Anwendern und insbesondere mit dem Endo-Exo-Erstanwender Herrn Dr. Aschoff (jetzt MH Hannover) besteht ein permanenter und enger Erfahrungsaustausch. In unserer Spezialsprechstunde bei Herrn Oberarzt Dr. Thomas v. Stein bieten wir Ihnen die Möglichkeit, sich über diese Technik ausführlich zu informieren. Im Rahmen eines ausführlichen Anamnesegespräches und einer entsprechenden klinischen und radiologischen Untersuchung kann für Sie das individuell auf Sie angepasste Implantat geplant und bestellt werden. Gerne werden auch Kontakte zu Endo-Exo-Prothesenträgern, ähnlich dem PEER-Konzept für Amputierte, vermittelt. Dabei muss jedoch bedacht werden, dass es auch Fälle geben kann, die, durch ihre Vorgeschichte bzw. anatomische Besonderheit, nicht mit diesem System versorgt werden können.
Die Versorgung mittels Endo-Exo-Prothese wird in zwei Operationsschritten durchgeführt. Im ersten Eingriff (sog. first Step) wird der passende Schaft mit spezieller Oberfläche in den Oberschenkel implantiert und der Stumpf auch weitgehend weichteiltechnisch an die neuen Gegebenheiten angepasst und wieder verschlossen. Jetzt kann der Schaft „in Ruhe“ in 4 – 8 Wochen in den Knochen einwachsen. Nach dieser Zeit erfolgt der zweite Eingriff (second Step), bei dem die Haut am Stumpfende über dem Implantat ausgestanzt oder im Sinne einer weiteren moderaten Weichteilreduktion eröffnet wird, sodass ein Verbindungsstück, der sog. Doppel-Konus-Adapter eingebracht und befestigt werden kann. Hieran wird im weiteren Verlauf die übrige High-Tec Exo-Prothese, mit in der Regel, computergesteuertem Kniegelenk, angepasst und angebracht. Dies erfolgt nach Abheilung der Weichteile durch einen für das System zugelassenen Orthopädie-Techniker. Zusammen mit erfahrenen Physiotherapeuten können Sie dann im weiteren Verlauf Ihre ersten Steh- und Gehversuche durchführen.
Hinsichtlich der Planung, Organisation und der passenden Rehabilitationsbehandlung stehen wir Ihnen selbstverständlich mit Rat und Tat zur Seite.
Zu bedenken bleibt jedoch immer, dass eine permanente offene Wunde verbleibt, die zwar unkompliziert, aber täglich 1 – 2x verbunden werden muss. Es reicht in der Regel das tägliche einmalige Ausduschen und das Umwickeln mit einer sterilen Kompresse.
Vorteile der Versorgung mittels Endo-Exo-Prothese im Vergleich zur herkömmlichen Prothesen-Technik sind:
- Erheblich verbessertes Gefühl zum Boden durch direkten Kontakt über den Knochen (Propriozeption)
- Einfaches An- und Ablegen der Prothese
- Verbesserte Bewegungskontrolle und verbesserter Bewegungsumfang
- Beschwerdefreies Sitzen ohne Druckprobleme
- Verringertes Sturzrisiko
- In der Regel deutlich verlängerte Gehstrecke und tägliche Nutzungsdauer der Prothese
- Unabhängig vom sich verändernden Stumpfumfang fest sitzende Prothese und Gehfähigkeit
- Weniger Weichteilbeschwerden
- In der Regel weniger Phantomschmerzen