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Daumen hoch! Der zweite Zeh wird’s schon richten

Mit der Transplantation einer Zehe ermöglichte die Abteilung für Plastische, Hand- und Rekonstruktive Mikrochirurgie der BG Unfallklinik Frankfurt einem jungen Patienten die Rückkehr in den Beruf.

Bei einem Arbeitsunfall als Maschineneinrichter verlor Daniel S. am 25. August 2020 durch die Spannhülse einer hydraulischen Bohrmaschine seinen linken Daumen. Trotz schnellem und fachgerechtem Transport der abgetrennten Gliedmaße und einer sofort erfolgten Behandlung im Krankenhaus, war es den Medizinern vor Ort nicht möglich, seinen abgetrennten Daumen zu replantieren. Zu stark waren die Blutgefäße durch die Scherkraft abgedrückt worden. 
So schien der wichtigste Finger der linken Hand, der für ihre Funktion von größter Bedeutung ist, für Daniel S. verloren. 

„Als mir der Daumen fehlte, bemerkte ich erst einmal, wie extrem wichtig dieser Finger für die alltäglichsten Bewegungen ist, wie beispielsweise das Öffnen einer Zahnpastatube. Ohne ihn geht nichts“, schildert der 29-Jährige die Bewegungseinschränkungen in den drei Monaten, die er nach seinem Krankenhausaufenthalt unter großen Schmerzen verbrachte. Nach etlichen Beratungsgesprächen suchte er unter anderem auch die Sprechstunde der Plastischen, Hand- und Rekonstruktiven Mikrochirurgie der BG Unfallklinik in Frankfurt auf und traf dort auf Oberärztin Dr. Wibke Moll. Da eine Daumenprothese nicht die vom Patienten gewünschte Kraft und Sensibilität versprach, trat Frau Dr. Moll vorsichtig mit einem anderen Gedanken an Daniel S. heran: einer Transplantation der eigenen Fußzehe anstelle des Daumens. 

Das Für und Wider – Pro und Kontra einer Replantation 

„Im ersten Moment konnte ich mir das gar nicht vorstellen. Ich fand es aber gut, dass Frau Dr. Moll mir direkt die Vor- und auch Nachteile, die sich aus der Transplantation ergeben könnten, aufzählte und keine Partei ergriff. So sprach sie unter anderem davon, dass das Fehlen des Zehs zu Fuß- und Gleichgewichtsproblemen führen könne und auch mögliche Komplikationen, die zu einem Nichteinheilen des Körperteils führen können, ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellen“, erläutert der Patient. „Mir wurde kein Druck gemacht und mir zu keiner Zeit etwas eingeredet. Das fand ich sehr gut. In der nachfolgenden Zeit wog ich ständig Für und Wider ab – und wechselte einige Male meine Einstellung. Bis der Entschluss schließlich stand.“ 

Seit der ersten erfolgreichen Replantation vor über 50 Jahren wurden die mikrochirurgischen Techniken, die Instrumente und die Mikroskopie ständig weiterentwickelt. So ist es heute möglich geworden, teilweise oder komplett abgetrennte Körperteile zu einem hohen Prozentteil erfolgreich zu rekonstruieren und zu replantieren. Bei den ersten Operationen zum Ersatz des Daumens wurde eine Großzehe genutzt. 

Da die Großzehe aber für das Gleichgewicht und die Körperstabilität enorm wichtig ist, ging man dazu über, besser die zweite Zehe, die verzichtbarer erscheint, für eine Transplantation in Betracht zu ziehen. Hier spielt bei den Überlegungen auch das Größenverhältnis eine wichtige Rolle. Die Auswahl der Zehe muss zu den Proportionen der Hand passen, damit sie die Funktion des Daumens möglichst optimal übernehmen kann. 

Wenn die Transplantation einer Zehe funktioniert, dann lässt sich dadurch auch wieder eine Sensibilität rekonstruieren, die mittels einer Daumenprothese nicht hergestellt werden kann. Auch Beweglichkeit und Kraft lassen sich so sehr gut wiedergewinnen. Dabei geht es immer um die Ausgangssituation und darum, wie für den Patienten bzw. die Patientin und seine bzw. ihre soziale und berufliche Wiedereingliederung das bestmögliche Ergebnis erzielt werden kann. 

Dr. med. Wibke Moll
„Wichtig ist, dass sich der Patient die Konsequenzen dieses Eingriffs gut vorstellen kann und gut informiert wird.“
Dr. med.Wibke Moll

Oberärztin der Abteilung für Plastische, Hand- und Rekonstruktive Mikrochirurgie; Hand-Trauma-Center

Kommunikation als Schlüssel zum Erfolg

Doch die Transplantation einer Zehe ist nicht für jeden Patienten bzw. jede Patientin geeignet. „Hier spielt die Kommunikation eine extrem wichtige Rolle. Der Patient muss sehr umfangreich aufgeklärt werden und wissen, was passieren kann und welchen Beitrag er leisten muss, um zum Erfolg der Replantation beizutragen. Dabei ist der Wille des Patienten für den Behandlungserfolg, insbesondere im Rahmen der im Anschluss an die OP folgenden therapeutischen Behandlung, ganz entscheidend“, erklärt Dr. Wibke Moll, die die OP als Chirurgin leitete.  

Zwei Operationen in einem Saal 

Bei dem insgesamt zehnstündigen mikrochirurgischen Eingriff im OP der BG Unfallklinik Frankfurt arbeiteten im Dezember 2020 zwei Zwei-Chirurgenteams zusammen. Das erste Team entnahm den kompletten zweiten Zeh des linken Fußes samt Zehengelenk. Parallel dazu war das zweite Team damit beschäftigt, die Strukturen am Stumpf, die sogenannte Empfängerregion an der linken Hand, freizulegen. Dabei wurde, um während der OP auf etwas größere Blutgefäße zugreifen zu können, etwas weiter hinten an Hand und Fuß angesetzt. „Wenn der Zeh entnommen, präpariert und die Struktur in der Empfängerregion soweit vorbereitet ist, beginnt die kritische Phase, für die es nur ein kleines Zeitfenster gibt. Wichtig ist es, so schnell wie möglich die Blutversorgung wiederherzustellen“, erklärt Dr. Moll. Hierfür wird zunächst der Knochen des Zehs mit Drähten und Platten am Restknochen des Daumens befestigt, um die für den weiteren OP-Verlauf notwendige Stabilität zu erreichen. Anschließend werden die Blutgefäße miteinander verbunden und im letzten Schritt die Sehnen und Nerven miteinander vernäht.

Daniel S. mit seinem neuen Daumen (©BG Unfallklinik Frankfurt am Main)

Das Behandlungsergebnis

Nach der erfolgreich verlaufenen OP kam es am nächsten Tag zu einem Bluterguss, der in einer kurzen, weiteren OP entfernt werden musste. Nach einem 14-tägigen stationären Aufenthalt in der BG Unfallklinik Frankfurt, wo bereits die ersten Physio- und Ergotherapiemaßnahmen starteten, konnte Daniel S. die Klinik verlassen. Drei Monate später wurden ihm nach Heilung des Knochens in einer weiteren OP von kurzer Dauer die stabilisierenden Stäbe aus dem Daumen entfernt. „Ich finde das Ergebnis der Operation selbst ganz erstaunlich. Viele Menschen bemerken meinen Zeh an der Hand überhaupt nicht. Schmerzen spüre ich noch, wenn ich meinen Daumen extrem mit ständigen Wiederholungen beanspruche. Derzeit mache ich noch Ergotherapie, um die Sensibilität im Daumen weiter zu verbessern, und Physiotherapie, um die Beweglichkeit weiter zu erhöhen. Viele Dinge, die ich in den drei Monaten ohne meinen Daumen nicht machen konnte, sind jetzt wieder möglich, z. B. Schnürsenkel zubinden, auf dem Handy tippen usw. Manches geht noch nicht so gut wie vorher, aber das kann sich auch noch verbessern.“ 

Im Herbst 2021 startete Daniel S. bei seinem alten Arbeitgeber mit einer Wiedereingliederung. Nun ist er dabei, sich beruflich zu verändern. So absolviert er gerade eine Weiterbildung zum Maschinenbautechniker, um ab Sommer als Ausbilder bei seinem alten Arbeitgeber tätig sein zu können. 
  
Die Abteilung für Plastische, Hand- und Rekonstruktive Mikrochirurgie der BG Unfallklinik Frankfurt unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Hirche ist als überregionales Replantationszentrum für abgetrennte Gliedmaßen innerhalb des TraumaNetzwerks DGU® und als Hand-Trauma- und Replantationszentrum durch die europäische handchirurgische Fachgesellschaft (FESSH) international zertifiziert und in der Lage, auch hochkomplexe Replantationen vorzunehmen.

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Patient beim funktionellen Training mit seinem neuen Daumen

Der Erfolg einer Replantation ist von einigen Faktoren abhängig, wie der Qualität des Amputats, der Aufbewahrung des Amputats auf dem Weg in die Klinik (in einem sterilen Beutel, der in einem zweiten Beutel auf kaltem Wasser gelagert ist – nicht auf Eis) und dem Zustand des Patienten bzw. der Patientin.

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