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Fußball­verletzungen: Zu frühes Comeback vermeiden

„Gleich wieder voll mit­zu­trainieren ist falsch“, warnt Dr. Helge Riepenhof. Er leitet die Sport­medizin am BG Klinikum Hamburg und war Team­arzt des Fußball­clubs AS Rom.

Dr. Helge Riepenhof ist ärztlicher Leiter der Sportmedizin am BG Klinikum Hamburg. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie war unter anderem Mannschafts­arzt des italienischen Fußballklubs AS Rom und beim englischen Verein Brighton Hove Albion tätig. „Gleich wieder voll mitzutrainieren, ist falsch“, warnt Dr. Riepenhof sowohl Profis als auch Amateurkicker, die bei Verletzungen oft zu ungeduldig sind.

Herr Dr. Riepenhof, ist Fußball verletzungs­trächtiger als andere Sportarten?

Vergleicht man Profifußball mit anderen beliebten Sportarten wie Basketball, Handball oder Eishockey, hält sich das Verletzungsrisiko die Waage. Profisportler verletzen sich durchschnittlich rund zweieinhalbmal pro Jahr. Im Freizeitsport ist das Risiko dagegen deutlich geringer. Trotzdem muss man festhalten, dass Fußball insgesamt zu den verletzungsträchtigeren Sportarten gehört. 

Welche Verletzungen kommen beim Kicken am häufigsten vor?

Am häufigsten treten im Fußball Muskelverletzungen auf. Meist handelt es sich um eine Zerrung, also einen kleinen Muskelfaserriss im rückseitigen Oberschenkel, manchmal auch in der Wade. Es entsteht ein stechender Schmerz. Der Betroffene sollte sofort aufhören und nicht weiterspielen. Wichtig ist es, den betroffenen Bereich umgehend zu kühlen, um die Einblutungen in den Muskel zu stoppen. Und dann heißt es, zwei bis vier Wochen zu pausieren, wobei sich der Heilungsprozess kaum beeinflussen lässt. 

Ebenfalls vergleichsweise häufig tritt durch das Umknicken mit dem Fuß, das sogenannte Distorsionstrauma auf, die Bänderdehnung. Ein Arzt sollte kontrollieren, ob ein Bänderriss vorliegt. Meistens ist allein eines der Außenbänder betroffen. In diesem Fall ist in der Regel auch keine OP notwendig. Liegt jedoch zusätzlich eine Außenknöchelfraktur vor, eine der häufigsten Frakturen beim Menschen, könnte auch das Syndesmoseband gerissen sein. Das muss dann wiederum operiert werden. 

Inwiefern ist der Kreuzbandriss eine fußball­typische Verletzung?

Ein Kreuzbandriss kommt zum Glück nicht so häufig vor. Wenn es dann doch passiert, sind daran übrigens so gut wie nie andere Spieler schuld. Die meisten Kreuzbandrisse geschehen ohne Einwirkung des Gegners. Häufig liegt bereits eine andere Vorverletzung vor. Das kann ein eingewachsener Zehennagel sein, eine Prellung oder etwas anderes. Durch diese scheinbar banale Verletzung wird jedoch die Bewegungsqualität verschlechtert und das Risiko eines Kreuzbandrisses erhöht. Ein weiterer Faktor ist eine schwach oder einseitig ausgebildete Muskulatur. Bei vielen Fußballern ist die Muskulatur im vorderen Oberschenkel besonders ausgeprägt. Der wichtige Gegenspieler im hinteren Oberschenkel und vor allem die Pomuskulatur werden dagegen zu wenig beachtet.

Woher weiß ich, ob meine Muskulatur ausgewogen genug ist, um einem Kreuzbandriss vorzubeugen?

Das können Sie selbst überprüfen. Machen Sie dazu vor dem Spiegel eine einbeinige Kniebeuge. Wenn Sie dabei in eine X-Bein-Stellung geraten beziehungsweise ihr Standbein nach innen zeigt, haben Sie ein erhöhtes Risiko für einen Kreuzbandriss. Dann ist es ratsam, vorbeugend die Pomuskulatur zu trainieren.

Das zeigt, das Sportler besonders auf sich und ihren Körper achten müssen, oder?

Das zeigt vor allem, dass es wichtig ist, funktionell zu trainieren. Funktionelles Training bedeutet, dass nicht nur ein einzelner Muskel beansprucht wird, wie an den Maschinen im Fitnessstudio üblich, sondern mehrere Muskeln gleichzeitig. Ein gutes Beispiel dafür ist Olympisches Gewichtheben. Das können sich Fußballer auch mal anschauen. Es geht dabei gar nicht so sehr ums Gewicht, sondern vielmehr um die korrekte Ausführung der Bewegung und das Zusammenspiel der verschiedenen Muskeln.

Welche Rolle spielen Gehirn­erschütterungen im Fußball?

Gehirn­erschütterungen sind ein wichtiges Thema, vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Grundsätzlich sollten die Betroffenen beim kleinsten Verdacht vom Platz. Das gilt erst recht, wenn eine auch noch so kurze Bewusstlosigkeit vorlag. Bewusstlosigkeit bedeutet immer Krankenhaus. Weitere Symptome einer Gehirnerschütterung sind plötzliche Müdigkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen. Auch, wenn die betroffene Person einfach nicht normal wirkt, sollte man sie nicht weiterspielen lassen. Besondere Vorsicht gilt bei Kindern und Jugendlichen, da bei ihnen ein erhöhtes Risiko für das Second Impact Syndrome besteht. Kommt es während einer nicht ausgeheilten Gehirnerschütterung zu einem weiteren Vorfall dieser Art, schwillt das Gehirn an. Daran können die Betroffenen sterben.

Wie lautet Ihre Empfehlung für eine erfolgreiche Rückkehr nach einer Verletzung?

Gleich wieder voll mitzutrainieren, ist falsch. Das machen selbst Profis oft verkehrt. Sie steigen wie viele Amateure vorschnell wieder voll ein. Besser ist es, zunächst einmal leichte Laufeinheiten zu absolvieren. Bevor Spieler nach einer Verletzungspause wieder Gegnerkontakt haben, sollten sie eine multidirektionale Trainingseinheit mit vielen Richtungswechseln, plötzlichem Abstoppen und Ausweichen ohne Probleme überstanden haben. Sportler müssen also vor allem Geduld haben. Entscheidend ist, sich langsam wieder an die Belastung heranzutasten.

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