Der schwierige Weg zur Diagnose: COVID-19 als Berufskrankheit
Bergmannsheil startet Online-Fortbildungsreihe für Beschäftigte der Unfallversicherungsträger
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09.02.2022Pressekontakt
Robin Jopp
„COVID-19 ist eine Multiorgankrankheit – bei der Bewertung von Folgeschäden ist deshalb die interdisziplinäre Sichtweise so immens wichtig“, so das Credo von Prof. Dr. Martin Tegenthoff. Der Direktor der Neurologischen Klinik am BG Universitätsklinikum Bergmannsheil war einer von sechs Referentinnen und Referenten bei einer bundesweit beachteten Fachveranstaltung zum Thema COVID-19 als Berufskrankheit. Sie richtete sich an Expertinnen und Experten der gesetzlichen Unfallversicherung und spannte einen weiten thematischen Bogen: Von der Anerkennung von Post-COVID als Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung über neurologische, pneumologische, kardiologische und psychologische Aspekte bis zur Versorgung und Behandlung betroffener Menschen im Rahmen des BG Rehabilitationsverfahrens. Rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland hatten sich bei der Tagung am 1. Februar 2022 online zugeschaltet. Eingeladen hatten die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) und das Bergmannsheil. Wegen der großen Nachfrage haben die Veranstalter bereits mehrere Folgetermine geplant, bei denen es bereits rund 1.600 weitere Anmeldungen aus ganz Deutschland gibt.
Tausende von Betroffenen
Corona überstanden und trotzdem nicht gesund: So geht es derzeit vielen tausenden Menschen, die noch Wochen nach einer COVID-19 Erkrankung mehr oder minder schwere Beschwerden und Einschränkungen verspüren. Die vielfältigen Symptome, die sich hiermit verbinden, werden als Long- oder Post-COVID-Syndrom bezeichnet. Über die Anerkennung von COVID-19 als Versicherungsfall, die Fallsteuerung und das Reha-Management referierte Markus Taddicken: Der Geschäftsführer der Bezirksverwaltung Bochum der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) erläuterte die enormen Herausforderungen, die die große Zahl von betroffenen Beschäftigten beispielsweise in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Gesundheitseinrichtungen mit sich brächten. Eigens für die profunde und sachgerechte Begutachtung der Betroffenen habe man daher in Kooperation mit den BG Kliniken spezielle Sprechstunden sowie ambulante und stationäre Diagnostikprogramme etabliert.
Beschwerdebild oft unspezifisch
Prof. Tegenthoff ging auf die komplexen diagnostischen Herausforderungen ein, die sich den Medizinerinnen und Medizinern im klinischen Alltag stellen. Denn die Beschwerden bei mutmaßlich von Post-COVID betroffenen Menschen seien oft sehr unspezifisch und vielfältig. Sie reichten von Müdigkeit und Erschöpfung, eingeschränkter Belastbarkeit, Geruchs- und Geschmacksverlust, Kopfschmerzen und kognitiven Problemen über Atembeschwerden, Luftnot und Störungen des Herz-Kreislauf-Systems bis hin zu psychischen Problemen wie Angst- oder depressiven Störungen. Bei manchen reiche eine ambulante Vorstellung, bei anderen sei ein stationärer Post-COVID-Check unabdingbar: „Die Betroffenen werden hier in einem intensiven Programm interdisziplinär untersucht: Lunge, Herz, Hirn, Nerven, Psyche – all das bieten wir im Bergmannsheil im Rahmen unseres umfassenden Post-COVID-Checks unter einem Dach.“
Von Lunge über Herz und Nerven bis zur Psyche: viele Organe und Systeme betroffen
Die breite Interdisziplinarität spiegelte sich wider in der Programmgestaltung der Tagung: Neben Prof. Tegenthoff, der speziell auf die neurologischen Symptome von Post-COVID einging, sprachen Expertinnen der Pneumologischen Klinik (Dr. Juliane Kronsbein, Leitende Oberärztin), der Kardiologischen Klinik (Dr. Aydan Ewers, Leitende Oberärztin) und der Neurologischen Klinik am Bergmannsheil (Dr. Jule Frettlöh, Leitende Psychologin) und berichteten aus ihren konkreten klinischen Erfahrungen, die sie in der Begutachtung und Behandlung vieler betroffener Menschen gesammelt haben. Dr. Sven Jung, Chefarzt der Abteilung für BG Rehabilitation, berichtete, wie eine gezielte therapeutische Begleitung von Patientinnen und Patienten eingeleitet und organisiert werden sollte: „Sinnvoll ist, die Rehabilitation sehr zielgenau am organischen Krankheitsbild auszurichten.“ Oder, wie Markus Taddicken (BGW) hervorhob: „Long-COVID oder Post-COVID sind Sammelbezeichnungen für eine Vielzahl möglicher Problemstellungen. Für eine erfolgreiche Heilbehandlung und Teilhabe am Arbeitsleben im Rahmen unseres Reha-Verfahrens brauchen wir ein Vorgehen, dass sich möglichst spezifisch auf die individuellen jeweiligen Symptome und deren Auswirkungen auf die Teilhabe fokussiert.“