Studien zu Hydroxychloroquin (3): Brasilien
Keine Wirkung ohne Nebenwirkung – hohe Dosen der Ursprungssubstanz Chloroquin, wie sie durch die Gesundheitsbehörde der Guangdong Provinz in China für die Behandlung von COVID-19 vorgeschlagen wurden, erwiesen sich in einer verblindeten, randomisierten Studie aus Brasilien als möglicherweise gefährlich.
Für die Malaria-Prophylaxe und -Therapie mit Chloroquin existieren seit Jahrzehnten verlässliche Dosierungsempfehlungen. Für den Einsatz außerhalb der Zulassung als mögliches Medikament gegen SARS-CoV-2 gibt es hingegen keine verbindlichen Regeln. Die Gesundheitsbehörde der Guangdong Provinz in China schlägt als Gesamtdosis 10 g, gleichmäßig verteilt auf 500 mg 2 x täglich über 10 Tage, vor. Die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) empfehlen hingegen insg. 3,3 g über fünf Tage.
Die CloroCovid-19-Studie am Universitätsklinikum Manaus, Brasilien, wurde angelegt, um eine 50%ige Senkung der Sterblichkeit an COVID-19 durch eine Hochdosistherapie (12 g über 10 Tage) oder Niedrigdosistherapie (2,7 g über 5 Tage) mit Chloroquin zu untersuchen. Alle Teilnehmer erhielten zudem die Antibiotika Azithromycin (das möglicherweise auch Aktivität gegen verschiedene Viren besitzt) und Ceftriaxon, einem häufig angewandten Mittel gegen verschiedene bakterielle Infektionen. Es wurden alle methodischen Maßgaben eingehalten, um systematische Fehler zu vermeiden. Insbesondere wurden geeignete Patientinnen und Patienten nach positivem Ethikvotum und Einwilligung zur Studienteilnahme per Zufall den Behandlungsgruppen zugeteilt (randomisiert).
Um die Niedrigdosistherapie wie eine Hochdosistherapie aussehen zu lassen, wurden zur Ergänzung bis zum 10. Tag Placebo-Tabletten verabreicht, um das Verhalten oder die Beobachtungen weder der Studienteilnehmer noch der Behandler zu verzerren. Geplant war der Einschluss von insgesamt 440 Patient(inn)en. Aufgrund von Sicherheitsbedenken entschied das unabhängige Überwachungsgremium („Data Safety Monitoring Board“, DSMB), die Studie nach Einschluss von insgesamt 81 Teilnehmern vorzeitig zu beenden.
In der Hochdosisgruppe wurden nach sechs Tagen in 7 von 28 Fällen EKG-Auffälligkeiten beobachtet, die zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen können. In der Niedrigdosisgruppe lag die Häufigkeit dieser Nebenwirkungen bei 3 von 28 Fällen. Die Gesamtsterblichkeit war in der Hochdosisgruppe (4 von 41) geringer als in der Niedrigdosisgruppe (7 von 40) – in der statistischen Analyse war diese Beobachtung jedoch noch mit dem Zufall vereinbar. Die Autoren streben eine längerfristige Nachverfolgung der Studienteilnehmer an, um belastbarere Aussagen sowohl zur Auswirkung der unerwünschten Arzneimittelwirkungen als auch der möglichen antiviralen Effekte zu gewinnen.
Fazit
Es darf nicht unterschätzt werden, dass mögliche Wirkstoffkandidaten gegen das SARS-CoV-2-Virus auch erhebliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen mit sich bringen. Sollten sich Chloroquin bzw. Hydroxychloroquin in kontrollierten Studien als wirksam erweisen, müssen international geeignete Dosisempfehlungen entwickelt werden, um Nutzen und Risiken der Therapie zu balancieren.
Stand: 17.04.2020